Sehr geehrte ehemalige, derzeitige und eventuell zukünftige Mitglieder der Fichtegemeinschaft,
ich möchte diesen Newsletter anlassbezogen gestalten und mit DEM Zitat aus der historisch bedeutsamen Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsächker beginnen: ,,Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.” Unser ehemaliger Bundespräsident hat dies 40 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Bundestag ausgeführt und seine Worte haben 40 weitere Jahre später immer noch die gleiche Tragweite und Richtigkeit.
Wir gedenken am heutigen 8. Mai an den Moment der Befreiung von der Nazidiktatur und wir gendenken an die Millionen Menschen, die in dieser Zeit ihr Leben verloren haben. Die Shoah als monströses Menschheitsverbrechen fand an diesem Tag ihr Ende. Wir gedenken aber auch in einer Zeit ,in der die AfD als gesichert rechtsextreme Partei (Einordnung durch Verfassungsschutz) in den Parlamenten der Kommunen, Länder und des Bundes Positionen vertritt, die wesentlichen Elementen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung widersprechen.
Die schreckliche Zeit von 1933-45 war ebenso wenig ein ,,Vogelschiss in der Geschichte” (Hr. Gauland – MdB und Ehrenvorsitzender der AfD), wie das Holocoust-Denkmal im Herzen von Berlin ein ,,Denkmal der Schande” (Hr. Höcke – Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion Thüringen) ist. Die Aussagen: „das große Problem ist, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt.“ (Hr. Höcke) oder ,,die Mitglieder der Waffen-SS seien nicht nur Verbrecher” (vgl. Hr. Krah – MdB AfD) sind grundfalsch und zeigen, wie wichtig es ist, dass Demokrat:innen ihre Stimme gegen diese Partei erheben. Es kann nicht unkommentiert bleiben, wenn Menschen im Bundestag Politik machen, die sich selbst als “das freundliche Gesicht des NS” (Hr. Helferich – MdB AfD) bezeichnen, oder Deutschland im EU-Parlament vertreten und davon reden: ,,Menschen zu entsorgen.” (Hr. Bystron – MdEP AfD). Die Haltung von Vertreter:innen der AfD, dass das Wahlrecht nach Abstammung (Fr. Baum – MdB AfD) zu vergeben sei, oder dass die DFB-Elf keine echte Nationalmannschaft, sondern eine ,,bunt zusammengewürfelte Söldnertruppe der Deutschland-AG” (Hr. Tillschneider – MdL Sachsen-Anhalt) sei, dürfen wir in ihre Abgründigkeit nicht akzeptieren. Es kann nicht hingenommen werden, wenn Hr. Höcke die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes nach der Bekanntgabe der Einstufung der AfD als rechtsextreme Partei mit den Worten “mitgehangen, mitgefangen” (Hr. Höcke) bedroht.
Wir leben in einem Rechtsstaat und natürlich kann die AfD den Rechtsweg gegen diesen Verwaltungsakt beschreiten. Dieses Recht hat die Partei und es wird dann Sache der Gerichte sein, ob die Einschätzung den Maßstäben des Rechtsstaates entspricht. Der Rechtsstaat funktioniert, das Grundgesetz verfügt über Waffen zum Schutz unserer Grundwerte und unsere Demokratie rechtsextremen Angriffen entgegentreten.
Es gab am Ende der Weimarer Republik Versuche die NSdAP auf legalem Weg zu stoppen. Diese Partei wurde so 1930 als eine ,,staats- und republikfeindliche, hochverräterische Verbindung“ eingeschätzt und sollte ,,nach Paragraph 129 des Strafgesetzbuches und Paragraph 4 des Republikschutzgesetzes verboten werden” (vgl.: Bender: ,,Sie hätten Hitler stoppen können” in FAZ vom 24.03.2025). Zu dieser Zeit war die NSDAP bereits in die Landesregierung Thüringens vorgedrungen und versuchte auf legalem Weg landesweit die Macht zu übernehmen. Hermann Göring sagte: ,,Wir bekämpfen diesen Staat und das heutige System, weil wir ihn ausrotten wollen mit Stumpf und Stiel, aber auf legalem Weg – für die langohrigen Kriminalbeamten. Wir hassen diesen Staat, so sagten wir ohne Republikschutzgesetz, unter dem Republikschutzgesetz sagen wir: Wir lieben ihn – und jeder weiß doch, was wir meinen.” (vgl.: Bender in FAZ vom 24.03.2025). Die Zeichen waren damals zu sehen – die Demokratie schützte sich aber nicht und so führte Deutschland die Welt in die größte Katastrophe der Menscheit.
Vor fünf Jahren zum 75. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, hielt Frank-Walter Steinmeier, damaliger Bundespräsident in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eine […] schonungslose Rede: ,,Ich wünschte, sagen zu können: Wir Deutschen haben für immer aus der Geschichte gelernt. Doch das könne er nicht, wenn und weil sich Hass und Hetze in Deutschland ausbreiten.” (vgl.: Prantl: ,,Erinnerung ist Unruhe” in Süddeutsche Zeitung 04.05.2025). Hass und Hetze breiten sich immer noch aus.
Bildung und Aufklärung sind die wichtigsten Waffen gegen das Vergessen, den Hass und die Hetze. Dementsprechend möchte ich Sie auf ein Podiumsgespräch mit ZWEITzeugen und Schüler:innen der Fichte am 23. Mai 2025 um 18 Uhr in der Aula hinweisen. Ich lade Sie sehr gern zu dieser Veranstaltung ein. Bitte entnehmen Sie die weiterführenden Informationen der Anlage zu dieser Mail.
Es ist Zeit als Demokrat aufzustehen und die Gefahr, in der wir sind, klar zu benennen. Wir müssen Flagge zeigen, Haltung bekennen und Gesicht zeigen. Wir müssen für ein friedliches, solidarisches, menschenwürdiges Miteinander und eine tolerante Gesellschaft werben und einstehen. Und diesem Gedanken folgend möchte ich diesen Newsletter auch mit einem Zitat aus der genannten Rede Weizsäckers beenden: ,,Die Bitte an die jungen Menschen lautet: Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Haß gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder Türken, gegen Alternative oder Konservative, gegen Schwarz oder Weiß. Lernen Sie miteinander zu leben, nicht gegeneinander.”
Nehmen Sie diese Bitte an, setzen Sie diese um und streiten Sie für die Zukunft unserer Gesellschaft.
-- Mit freundlichen Grüßen Andreas Golus-Steiner Schulleiter